Uraufführung von
«In_Out_City» setzt sich auf Bauhausbühne mit aktuellen Phänomen
auseinander
von Ilka Hillger,
21.03.07, 18:51h, aktualisiert 21.03.07, 20:52h

«In_Out_City», hier ein Probenfoto,
ist ein Solo für Tänzer Michael Ihnow, zugleich aber eine
Gemeinschaftsarbeit von vier Künstlern. (Foto: Bauhaus) |
Dessau/MZ.
Seit Jahren knabbert sich der Schrumpfungsprozess durch die
Städte. In Dessau nahm er sich einen großen Bissen im Westen, er
macht nicht Halt vor Plattenbausiedlungen und ist nun sogar an
einem ganz ungewöhnlichen Ort angekommen: auf der Bühne. Die
schrumpfenden Städte und die Folgen dieses aktuellen Phänomens
sind Thema des Theaterstückes "In_Out_City", das am Freitag, 20
Uhr, auf der Dessauer Bauhausbühne uraufgeführt und am Sonnabend
an gleicher Stelle, zur gleichen Zeit wiederholt wird.
Abstrakter kann man sich wohl kaum ein Thema für eine
künstlerische Auseinandersetzung vorstellen. Doch gerade dies
reizte den Tänzer Michael Ihnow, nachdem er mehrere Jahre am
Anhaltischen Theater engagiert war, an seinen früheren Wirkungsort,
diesmal allerdings an das Bauhaus, zurückzukehren. Ihnow wurde
2005 zum ersten Artist-in-Residence der Bauhausbühne und zeigte
damals die ersten Ergebnisse seiner künstlerischen Recherchen zu
"In_Out_City". Etliche Monate sind seitdem vergangen, und das
Projekt hat einen Punkt erreicht, an dem es zur endgültigen
Aufführung drängt.
Ihnow und seine Partner sind froh, dass die Premiere nun am
Freitagabend ansteht. Zwar habe die Muße bei der Arbeit am Thema
das Projekt vorangebracht und vieles klarer erscheinen lassen, nun
sei es aber Zeit, den Kopf für Neues freizubekommen. Das gilt
nicht nur für den Tänzer, sondern auch für Regisseur Jo Fabian,
der für die Videoinstallation verantwortlich zeichnet, für
Komponist Ralf R. Ollertz und für Bühnen- und Kostümbildner Juan
León.
Ein ganz besonderes Quartett hat sich da für eine gemeinsame
Arbeit gefunden, bei der sich für die Künstler zuweilen ganz neue
Konstellationen ergaben. Ihnow, der Tänzer, arbeitete erstmals
auch als Choreograph; Jo Fabian, der Regisseur, begriff sich im
besten Sinne als Zulieferer. Erst der Beitrag eines jeden ergibt
bei "In_Out_City" das Ganze. "Es war auch für uns spannend, wie
alles zusammenkommt, ein gemeinsamer Nenner gefunden wird",
bilanziert Michael Ihnow die Proben.
Ganz am Anfang standen für das Inszenierungsteam allerdings ein
Seminar und eine Fahrt zu jenen Orten in der Stadt, die
signifikant für den Schrumpfungsprozess sind. "Warum tust du dir
das an, solch ein Thema zu vertanzen?", war damals eine
berechtigte Frage Jo Fabians. Und auch Ihnow bekennt, dass ihn die
Größe der Aufgabe zunächst fast überwältigte. "Es hat mich
erschlagen, aber ich habe zurückgeschlagen und versucht, das Thema
herunter zu brechen, auf den Einzelnen und wie er mit dem
Schrumpfungsprozess umgeht", erzählt der Tänzer. Also wird es an
den beiden Abenden auf der Bauhausbühne um Emotionen gehen, um
Schmerzen und Freude, um Gefühle, die mit Trennung und Abschied
verbunden sind. "Man kann eine Stadt auch als eine Mutter sehen,
die ihre Söhne entlässt", meint Ihnow. Wie man dies allerdings
tanzt, sieht man am Freitag und am Sonnabend im Bauhaus.